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Kinderdermatologie - Differenzialdiagnostik und Therapie bei Kindern und Jugendlichen
Von: Peter H Höger Schattauer GmbH, Verlag für Medizin und Naturwissenschaften, 2011
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Der optimale Wegweiser durch die komplexe Welt der dermatologischen Differenzialdiagnosen
Erkrankungen der Haut von Kindern und Jugendlichen sicher erkennen, einordnen und behandeln - dies setzt umfassendes dermatologisches, aber auch internistisches und pharmakologisches Wissen voraus. Den erfolgreichen Grundstein hierfür hat Peter Höger mit seinem Lehr- und Nachschlagewerk - jetzt in der 3., vollständig überarbeiteten und erweiterten Auflage - gelegt. Übersichtlich und verständlich stellt der Autor das lebenswichtige Organ Haut vor. Prägnant weist er auf die Besonderheiten häufiger, aber auch seltener Hautkrankheiten und ihrer Therapie hin. Besonders wertvoll für die tägliche Praxis sind zahlreiche Cave- und Merksätze, qualitativ hochwertige Farbabbildungen, ausführliche Tabellen zu Differenzialdiagnosen und Dosierungen sowie empfehlenswerte Magistralrezepturen. Zusätzlich helfen Flussdiagramme, möglichst schnell von kutanen Symptomen auf das richtige Krankheitsbild zu schließen - denn rasches Handeln kann oftmals lebensrettend sein.
Leseprobe 19 Ekzeme (S. 155-156)
Ekzeme sind Intoleranzreaktionen der Haut auf akute oder chronische Reize. Manchen Ekzem-Formen liegt eine genetische Disposition zugrunde. Unabhängig von ihrer Ätiologie ist das klinische Bild akuter Ekzeme durch eine Sequenz von Erythem, Vesikulation, Schorfbildung, Schuppung und Abheilung – bzw. bei Persistenz: Lichenifikation – gekennzeichnet. Im deutschen Sprachgebrauch bezeichnet man mit »Dermatitis« eine akute, mit »Ekzem« eine eher chronische Entzündung der Haut.
Die Differenzialdiagnosen der wichtigsten Ekzem-Formen sind in Tabelle 19-1 aufgeführt. Atopisches Ekzem (AE) Synonyme: atopische Dermatitis, endogenes Ekzem, Neurodermitis Einleitung Über wenige Erkrankungen gibt es so viele, teilweise aberwitzige Entstehungstheorien, und auf kaum einem anderen Gebiet tummeln sich so viele Scharlatane. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass auch unter Medizinern, speziell im deutschsprachigen Raum, vereinzelt esoterische Auffassungen zu Genese und Behandlung des atopischen Ekzems kursieren.
Dabei ist zu beobachten, dass je haarsträubender (und unbewiesener) die propagierte Methode, desto lautstärker und absolutistischer das Auftreten ihrer Verfechter. Zum anderen ist nicht zu leugnen, dass das AE zwar (gut) zu behandeln, nicht aber zu heilen ist. Der sich daraus – wie aus der nur im deutschen Sprachraum gebräuchlichen, irreführenden Bezeichnung »Neurodermitis« – ergebende Fatalismus bzw. therapeutische Nihilismus ist jedoch unberechtigt, denn unsere therapeutischen Möglichkeiten sind vielfältig und bei richtigem Einsatz (und vorhandener Compliance) geeignet, auch schwerste Ekzem-Formen zu bewältigen und damit die Lebensqualität der betroffenen Kinder und ihrer Familien entscheidend zu verbessern.
Es grenzt an unterlassene Hilfeleistung, wenn der Einsatz bewährter und wirksamer Therapeutika zugunsten »alternativer« (und meist für den Verordner außerordentlich lukrativer) Verfahren blockiert oder hinausgezögert wird. Vorkommen und Definition In Deutschland leiden je nach Lebensalter 5 bis 12 % aller Kinder an einem AE, das damit zusammen mit dem Asthma bronchiale zu den häufigsten chronischen Erkrankungen des Kindesalters zählt. Weltweit ist bis vor kurzem eine kontinuierliche Zunahme atopischer Erkrankungen zu beobachten gewesen, deren früheste Manifestationsform das AE darstellt. In Ländern wie England und Neuseeland zeichnet sich eine leicht rückläufige Ekzemprävalenz ab (Williams et al. 2008).
Die plausibelste Erklärung für die hohe Inzidenz atopischer Erkrankungen liefert die Hygienehypothese: Mit zunehmendem Wohlstand geht eine Verbesserung allgemeiner Hygienemaßnahmen einher, sodass Säuglinge erst später und in wesentlich geringerem Umfang mit Krankheitserregern konfrontiert werden. Das Immunsystem des Feten ist während der Schwangerschaft und bei der Geburt physiologischerweise durch ein Überwiegen der TH2-Zellen gekennzeichnet: Um die Wahrscheinlichkeit einer Abstoßung zwischen Mutter und Fetus zu verringern, werden die proinflammatorischen Zytokine IL-2 und Interferon w vermindert produziert, während die TH2-Zytokine IL-4 und IL-5 überwiegen. Bleiben nun postpartal TH1-induzierende Stimuli aus, persistiert dieser »atopische« Zustand, und es kommt – entsprechende genetische Disposition vorausgesetzt – zur Manifestation allergischer Erkrankungen.
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