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Die Spanische Grippe

 

In den Jahren 1918/19, gegen Ende des Ersten Weltkrieges, gab es weltweit eine verheerende Grippepandemie. Die „Spanische Grippe“ forderte - je nach Schätzung - 25 bis 50 Millionen Menschenleben, in Deutschland waren es über 300 000 Personen.

 

In der Schweiz wurde über 50% der Bevölkerung von der spanischen Grippe angesteckt. Die Bezeichnung „Spanische Grippe“ ist darauf zurückzuführen, dass die ersten Berichte einer Pandemie aus Spanien kamen. Heute bezeichnet man den Erreger der Spanischen Grippe von 1918/19 als Grippevirus H1N1, wobei das H für Hämagglutinin steht und das N für Neurominidase.

 

Ausbreitung und Verlauf

Die schwere Pandemie verlief in den meisten Teilen der Erde in drei Wellen, so auch in der Schweiz. Die erste Welle kam 1918, die zweite und heftigere Welle in den Monaten Oktober und November 1919. Die dritte Welle folgte in den Monaten Februar bis März 1919. In Zusammenhang mit dem ersten Weltkrieg wurden die ersten Fälle 1918 an der Schweizer Grenze bekannt, dann in Soldatenlagern und schliesslich in den Dörfern. Danach verbreitete sich der Virus sehr schnell unter der Bevölkerung, so dass 1918 schätzungsweise über 50% der Bevölkerung angesteckt war. In der Schweiz war die Mortalität unter den 20 bis 49 Jährigen und unter Männern höher als bei älteren Personen und bei Frauen. Zudem begünstigten die schlechten Lebensumstände gegen Ende des Ersten Weltkrieges die Mortalitätsquote. Manfred Vasold beschreibt in seinem Artikel „Die Spanische Grippe 1918/19 in Nürnberg: H1N1 und die Auswirkungen“ (Pflegezeitschrift 12/2008, S. 674ff.) die Symptome: „Schlagartig litten viele Menschen an Frösteln oder Schüttelfrost, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Kopf-, Glieder-, Rückenschmerzen, und bisweilen an quälendem Reiz- oder Krampfhusten. Die Körpertemperatur begann über die Dauer von ein, zwei Tagen zu steigen. Das Fieber stieg bis auf 40 Grad oder auch bis über 41 Grad Celsius. Die Pulsfrequenz war zudem verlangsamt. Nach wenigen Tagen fiel das Fieber wieder ab. Den meisten Kranken ging es dann wieder besser.“ Wer nicht starb, litt oft ein Leben lang unter Schwäche oder neurologischen Funktionsstörungen.

 

Theorien zur Spanischen Grippe

Wo die Krankheit zum ersten Mal auftrat, kann nicht sicher gesagt werden. Heute gehen Forscher von folgender These aus: Zu den ersten Ausbrüchen kam es in den USA. Das Virus wurde von dort aus durch Truppenbewegungen zunächst nach Frankreich, dann weltweit verbreitet. Der Bakteriologe Richard Pfeiffer hatte während der Influenzaepidemie von 1891/92 zwar einen Erreger entdeckt, den er für den Grippeerreger hielt, doch erst durch die Isolation von Influenza-Viren 1933 wurde erkannt, dass es sich um ein Virus im heutigen Sinne handelt. In den letzten Jahren konnte man das Virus noch näher bestimmen. Den Erreger der Spanischen Grippe von 1918/19 bezeichnet man heute als Grippevirus H1N1, wobei das H für Hämagglutinin steht und das N für Neurominidase. Diese beiden Bestandteile des Virus können sich in vielerlei Kombinationen zusammentun. Dementsprechend variiert man die Buchstaben- und Zahlenkombination. H1N1, H2N1, H1N2, usw. Je später die Variante auftritt, desto höher die Zahl. Der Erreger der Vogelgrippe heisst H5N1, so Manfred Vasold.

Interessant dazu ist die Beschreibung des Infektionsweges aus den 30er Jahren durch den Schriftsteller Kurt Tucholsky in seiner bekannten ironischen Art: „Die Grippe – auch ‚spanische Grippe’, Influenza, Erkältung (lateinisch: Schnupfen) genannt – wird durch nervöse Bakterien verbreitet, die ihrerseits erkältet sind: die sogenannten Infusionstierchen. [...] Man steckt sich am vorteilhaftesten an, indem man als männlicher Grippekranker eine Frau, als weibliche Grippekranke einen Mann küsst – über das Geschlecht befrage man seinen Hausarzt.“ (Quelle: NZZ online). Heute bezeichnet man das Krankheitsphänomen in der Fachsprache als «grippalen Infekt».

Massnahmen und die Situation der Kranken

Während der Höchstbelastung der Pandemie im Oktober – November 1918 weigerten sich die Spitäler in der Schweiz, Grippepatienten aufzunehmen. In der Presse erschienen Listen, auf denen aufgezeichnet war, wie viele Personen in den Spitälern aufgenommen wurden, wie viele Personen starben oder wie viele entlassen wurden. Die Liste der Toten wurde immer länger. Das medizinische Personal und Forscher widersprachen einander über die Herkunft, die Verbreitung und die Behandlung der Krankheit. So empfahlen beispielsweise einige den Konsum von Alkohol, andere waren strikte gegen den Alkoholkonsum. Angst machte sich breit. Fehlinformationen waren sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der täglichen Presse zu lesen. Artikel und Leserbriefe erklärten die Herkunft der Krankheit, deren Prävention und mögliche Behandlungswege. Öffentliche und private Hygienevorschriften waren vielfältig und änderten sich. So wurde erzählt, dass die Ansteckung über Briefe, die angesteckte Soldaten nach Hause schrieben, erfolgte. Oder es wurde erzählt, dass die Ansteckung über das Waschen der Kleidung der Soldaten, welche durch freiwillige Rotkreuzhelfer durchgeführt wurde, erfolgte.
Der Journalist Robert Jütte schreibt in der NZZ online: „Wie sehr die Pandemie die Menschen in Angst und Schrecken versetzte, zeigt der Umstand, dass man anfangs sogar an ein Wiederauftauchen der Pest in Europa glaubte. Und da der Erste Weltkrieg in seine Endphase ging, konnte man den Seuchenausbruch auch zur Feindpropaganda nutzen. So wurde im Oktober 1918 in der italienischen Presse verbreitet, dass es sich bei der spanischen Grippe um eine in deutschen Labors entwickelte Biowaffe handle.“ Die Massnahmen waren streng: Es waren keine Freizeitaktivitäten in Gruppen erlaubt. Restaurants und Kaffees hatten Einschränkungen in den Öffnungszeiten. Theater, Kinos, Tanzlokale wurden zeitweise geschlossen, Konzerte wurden abgesagt. Sogar die Kirchen wurden geschlossen. Beerdigungen wurden auf fünf trauernde Personen beschränkt. Es wurden Gräber für die Toten erstellt und sie wurden schnell begraben.
Eine Vorstellung davon, wie sich die Situation in Zürich darstellte, gibt uns ein Auszug aus dem Tagebuch des Kantonsschülers Eduard Seiler. Dieser schreibt am Mittwoch, den 27. November 1918: „Ich hatte sehr viel zu tun und war jeden Abend so müde, dass ich gleich nach dem Essen zu Bette ging. Die ganze Zwischenzeit habe ich im Militärlazarett für Grippekranke im Schulhaus Schanzengraben erlebt. (…) Als wir ins Lazarett eintraten, war noch so gut wie nichts vorhanden. Jeder Kranke hatte sein hartes Kasernenbett und damit fertig. Es gab Zimmer, da für vierzehn Kranke zwei Spucknäpfe vorhanden waren. Appenzeller und ich transportierten nun per Velo alle fehlenden Dinge zum Spital. Im ganzen haben wir ungefähr zweihundert Spucknäpfe transportiert, gegen hundert Urinflaschen [ ... ]
Im Lazarett selbst wurden wir auch verwendet, um die geliehenen Betten aufzuschlagen, Kranke zu transportieren und zu vielem anderen noch. Anstatt der 1000 verlangten Betten waren über 1500 zusammengekommen. Nun mussten die harten Militärbetten entfernt und die neuen Privatbetten an ihre Stelle geschafft werden, was viel Zeit und Mühe erforderte. Das Stroh aus den Sterbebetten und den alten Krankenbetten verbrannten wir von Zeit zu Zeit in einem riesigen Feuer am Ufer des Schanzengrabens. Einmal musste ich auch bei den Schwerkranken aushelfen und Spucknäpfe leeren. [ ... ] “ Zitat aus: „So etwas Entsetzliches habe ich nie gesehen“, Tages-Anzeiger 20.11.2008.

 

Sozioökonomische und politische Auswirkungen

Die sozioökonomischen Auswirkungen der spanischen Grippe waren für die Schweiz einschneidend, da der Ausbruch zu heftigen Beeinträchtigungen führte. Sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor waren die Störungen zahlreich: Schulen wurden geschlossen, einige Betriebe meldeten über 80% der Belegschaft als von der Grippe angesteckt. Poststellen wurden vorübergehend geschlossen, der öffentliche Verkehr fuhr unregelmässig, Auch der medizinische Sektor war betroffen: Überarbeitete Ärzte forderten Einschränkungen in den Beratungsstunden, viele von ihnen waren krank oder starben selbst an der Grippe. In Deutschland war auch das Pflegepersonal stark von der Seuche betroffen. In Nürnberg zum Beispiel erkrankten desto mehr Pflegepersonen an der Grippe, je höher der Krankenstand anstieg. Aus diesem Grund verschlechterte sich auch die Beziehung zwischen Kranken und Pflegepersonen. Im Krankenhaus Nürnberg waren damals 335 Personen beschäftigt, davon 94 im Pflegedienst. Es gab 1300 Krankenbetten. Von diesen 94 Pflegepersonen starben zwischen dem 11. Oktober und dem 8. November 1918, innerhalb von vier Wochen, sechs an der Grippe.

In der Schweiz weigerten sich Taxifahrer, Patienten ins Spital zu fahren. Nur Mitarbeiter einer bestimmten Firma war es erlaubt, Grippepatienten ins Spital zu fahren. Danach mussten die Fahrzeuge desinfiziert werden. Der Seuchenausbruch in der Schlussphase des 1. Weltkriegs und in einer Zeit heftiger sozialer Auseinandersetzungen führte im November 1918 zu einem landesweiten Generalstreik in der Schweiz. Als landesweiter Generalstreik wird die schwerste politische Krise des Bundesstaates bezeichnet, so ist im Historischen Lexikon der Schweiz zu lesen.

 

Schlussfolgerungen

Die Pandemie der Spanischen Grippe zeigt die sozioökonomische und politische Belastung auf, die mit Influenza in Zusammenhang gebracht werden kann. Sie zeigt auch die Notwendigkeit einer Vorbereitung auf eine mögliche Pandemie auf. Experten schätzen, dass das H5N1oder ein anderes Vogelgrippevirus sich eines Tages anpasst, für den Menschen ansteckend und leicht übertragbar wird und so zu einer Grippepandemie führt. Heute kann noch nicht gesagt werden, wann und wie heftig dies der Fall sein wird. Forschende versuchen, einen Impfstoff herzustellen und die WHO hat ein internationales Grippeüberwachungssystem eingeführt. Zurzeit ist auf der Homepage des BAG (Bundesamt für Gesundheit) zu lesen, „befinden wir uns wir uns auf Warnstufe 3.2 der Skala der Weltgesundheitsorganisation: In bestimmten Regionen der Welt werden Menschen beim engen Kontakt mit Vögeln angesteckt, die Träger des hoch krankheitserregenden H5N1 Virus sind.“

 

Die NZZ schreibt 2005: „Mithilfe des rekonstruierten Virus der Spanischen Grippe soll nun die Entwicklung eines neuen Grippe-Impfstoffs erleichtert werden. Zudem hoffen die Forscher, durch die genaue Beobachtung der Proteinbausteine Veränderungen im Vogelgrippevirus feststellen zu können, die es diesem ermöglichen könnten, eine Pandemie auszulösen. Die Rekonstruktion des Erregers von 1918 birgt zwar die Gefahr, dass dieser aus dem Labor entweicht. Jeffrey Taubenberger vom Armed Forces Institute of Pathology in Rockville, Mitglied des Forschungsteams, jedoch erklärt, der Schutz vor einer Pandemie überwiege die mit der Forschung verbundenen Risiken.“

 

Im Historischen Lexikon der Schweiz stellt der Autor der Artikels über die Spanische Grippe, Christian Sonderegger, fest: „Aus Angst vor ähnlich verheerenden Pandemien führte die WHO 1946 ein internationales Grippeüberwachungssystem ein, an dem sich heute 110 nationale Grippezentren in 83 Staaten beteiligen. In der Schweiz erfolgt die Überwachung durch das Bundesamt für Gesundheit, das Nationale Zentrum für Influenza in Genf sowie das Sentinella-Meldesystem (mit ca. 150-250 beteiligten Ärzten). Ein 2004 vorgestellter Influenzapandemieplan soll die Auswirkungen einer neuerlichen Pandemie möglichst minimieren.“

Im Jahr 2007 hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) einen Influenza-Pandemieplan mit der Strategie und den Massnahmen der Schweiz für den Pandemiefall herausgegeben und ins Internet gestellt. Hier kann sich die Schweizer Bevölkerung umfassend informieren.


Quellen und Links:

 

Bundesamt für Gesundheit (CH) >>

 

Historischen Lexikon der Schweiz >>

 

NZZ online >>

 

Zusammenfassung der Doktorarbeit von Dr. med. Witte >>

 

Outbreak report Spanish flu epidemic in 1918 in Geneva, Switzerland >>


 

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