Personen mit einer Essstörung haben eine verzerrte Körperwahrnehmung. 
	Aber: Durch eine spezielle Körperbildtherapie kann die 
Körperbildwahrnehmung  bei Patienten mit den Essstörungen Magersucht und Bulimie nachweislich verändert werden. Das Gefühl, zu dick zu sein, ständiges Messen und Wiegen, die Angst, zuzunehmen oder sich anderen zu zeigen, quälen Patientinnen und Patienten. Diese gestörte Wahrnehmung spiegelt sich auch in den Hirnfunktionen wider. Diese Veränderung im Kernspintomografen sichtbar machen gelang jetzt erstmals Wissenschaftlern von Prof. Dr. Dietrich Grönemeyers Lehrstuhl für Radiologie und Mikrotherapie der Universität Witten/Herdecke und einer Arbeitsgruppe des Grönemeyer-Instituts für Mikrotherapie um Dr. Martin Busch.
	Deren Kooperationspartner, die Psychologen Dr. Silja Vocks und Dr. Boris 
	Suchan von der Ruhr-Universität Bochum, verglichen die Veränderung des 
	Volumens der grauen Hirnsubstanz in der so genannten Extrastriate Body 
	Area (EBA) bei Probanden und Patienten mit Magersucht. Veränderungen des Volumens der EBA und der Aktivierung durch eine speziell entwickelte 
	Therapie wurden innerhalb der Patientengruppe bestimmt. Die Patienten 
	wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Ein Gruppe erhielt eine von Dr. Vocks 
	mit entwickelte spezielle Therapie zur Verbesserung des Körperbildes, eine 
	Gruppe wurde nicht therapiert. Mit dieser Gruppeneinteilung werden die 
	Unterschiede in der Hirnaktivierung und in der Modellierung der grauen 
	Hirnsubstanz unter Therapie beobachtet. 
	Im Kernspintomografen des Grönemeyer-Instituts in Bochum wurden den 
	Probanden Bilder von Gegenständen und vom menschlichen Körper gezeigt. 
	"Die Aufnahmen des Kernspintomografen zeigten, dass in der für die 
	Verarbeitung von Körperbildern zuständigen Hirnregion (EBA) die graue 
	Substanz bei den essgestörten Probanden deutlich vermindert ist", 
	berichtet der Physiker Dr. Martin Busch. 
Fraglich war deshalb, ob sich trotz zweifellos vorhandener genetischer 
	Veranlagungen die gestörte Körperwahrnehmung beeinflussen lässt. Eine 
	funktionelle Kernspinuntersuchung (fMRI; functional magnetic resonance 
	imaging) im Grönemeyer-Institut konnte dies klären. Untersucht wurden mit 
	dieser Methode nur Essgestörte. Die Gruppe, die eine Körperbildtherapie 
	absolviert hatte, wurde mit den nicht therapierten Essgestörten 
	verglichen.
	Die Aktivierungsmuster im Gehirn bei Betrachtung des eigenen und eines 
	fremden Körpers zeigen deutliche Unterschiede bei gesunden und 
	essgestörten Probanden.
	Bei den magersüchtigen Essgestörten ist die Anzahl der grauen Zellen in 
	der EBA geringer. Die Aktivierung der EBA konnte durch die Therapie erhöht 
	werden. Die Region ist demnach plastisch und kann durch Therapie verändert 
	werden.
Eine deutlich erhöhte Aktivität des Amygdala-Areals konnte bei Personen 
	mit Essstörungen beim Betrachten fremder Körper im Vergleich zu Personen 
	ohne Essstörung festgestellt werden. Die Amygdala, der Mandelkern, ist 
	Bestandteil des limbischen Systems, das bei Angst und unangenehmen 
	Gefühlen aktiviert wird. Ursächlich für die erhöhte Aktivität könnte die 
	Tatsache sein, dass sich Menschen mit Essstörungen stärker mit anderen 
	vergleichen und bei diesem Vergleich ihrem subjektiven Empfinden nach 
	schlechter abschneiden.
	Vorangegangene Untersuchungen konnten zeigen, dass sich bei den 
	Betroffenen durch die Körperbildtherapie das Verhältnis zum eigenen Körper 
	verbessert oder sich negative körperbezogene Gefühle und Gedanken 
	verringern.
"Dieses Zusammenspiel von Psychologie und bildgebenden Verfahren ist 
	einzigartig. Der Psychologe entwirft die Therapie und führt sie durch, 
	während mit Hilfe der funktionellen Kernspintomografie der Erfolg der 
	Therapie radiologisch überwacht wird. Der Forschungserfolg zeigt erneut 
	die Bedeutung und den Nutzen interdisziplinärer Teams in der Medizin", 
	betont Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer, der seit Jahren die 
	fachübergreifende Zusammenarbeit von Ärzten, Ingenieuren, Mathematikern, 
	Natur- und Geisteswissenschaftlern sowohl an seinem Lehrstuhl als auch an seinem Institut praktiziert. Zudem ist es ihm als Vorsitzendem des 
	Wissenschaftsforums Ruhr ein besonderes Anliegen, eine vernetzte und 
	fächerübergreifende Wissenschaft noch stärker in der Region zu verankern. 
	Die Forschungsergebnisse wurden in den Fachzeitschriften "Journal of 
	Psychiatry and Neuroscience" und "Behavioural Brain Research" 
	veröffentlicht und als besonderes Forschungs-Highlight herausgestellt. 
 
	Nachweis:
	- Vocks S, Busch M, Grönemeyer D, Schulte D, Herpertz S, Suchan B 
	Effects of body image therapy on the activation of the extrastriate body 
	area in anorexia nervosa: An fMRI study
	accepted Psychiatry Research: Neuroimaging
	- Vocks S, Busch M, Grönemeyer D, Schulte D, Herpertz S, Suchan B 
	Differential neuronal responses to the self and others in the extrastriate 
	body area and the fusiform body area. Accepted at Cognitive, Affective, 
	and Behavioral Neuroscience  - ID CABN-RA-09-031.R4
	- Vocks S, Busch M, Grönemeyer D, Schulte D, Herpertz S, Suchan B
	Neural correlates of viewing photographs of one's own and another female's 
	body in anorexia and bulimia nervosa: An fMRI study. Journal of Psychiatry 
	Neuroscience 2010 May; 35(3):163-176
	- Suchan B, Busch M, Schulte D, Grönemeyer D, Herpertz S, Vocks S
	Reduction of gray matter density in the extrastriate body area in women 
	with anorexia nervosa.
	Behavioural Brain Research, 2010 Jan 5;206(1):63-67. Epub 2009 Sep 1.