Zwischen ambulanter und stationärer Gesundheitsversorgung hat sich der Haushalt längst als 3. Gesundheitsstandort etabliert. Aufgrund der Entwicklungen im Bereich der stationären Pflegeeinrichtungen und der Krankenhäuser ist abzusehen, dass weitere Aktivitäten zur Krankheitsbewältigung und Gesunderhaltung in den Haushalt verlagert werden, zeigt eine aktuelle Veröffentlichung aus dem Institut Arbeit und Technik (IAT / Fachhochschule Gelsenkirchen).
Modernste Haus- und Medizintechnik ermöglichen heute vielen Senioren das Leben zu Hause im Alter auch bei fortschreitenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Bei aller Technik dürfe aber die soziale Unterstützung nicht vernachlässigt werden, warnen die IAT-Wissenschaftler Wolfgang Paulus und Sascha Romanowski. „Nur ein Vorgehen, das von den konkreten Bedürfnissen und Wünschen der Älteren und anderer Beteiligter wie Ärzte, Pfleger, Verwandte, Nachbarn ausgeht und die Verwendung von Technikkomponenten mit der Durchführung von sozialen Maßnahmen kombiniert, wird erfolgreich sein!“.
Der Haushalt bildet in Deutschland die mit Abstand wichtigste Pflegeinstanz: So wurden etwa im Jahre 2007 mehr als zwei Drittel (68% bzw. 1,54 Millionen) der 2,25 Mio. pflegebedürftigen Menschen zu Hause betreut, 32% der Bedürftigen (709.000) in professionellen Pflegeheimen. Das Engagement in der privat geleisteten Pflege wird auf insgesamt 625.000 Vollzeitstellen geschätzt, wobei dies in Umsätzen einer Summe von 46 Millionen Euro entspräche. Mit dem demographisch bedingt stark steigenden Pflegebedarf insbesondere älterer Personen und kürzeren Liegezeiten in Akut- und Rehakrankenhäusern steigt auch der Bedarf an medizinischer Versorgung zu Hause und telemedizinischen Lösungen, wie etwa Telehealthmonitoring.
Neben der Technik wird eine gewichtige Herausforderung die Entwicklung neuer und innovativer Wohn- und Betreuungsformen darstellen. Dabei spielen zwar auch zwangsläufig technische Innovationen eine Rolle, doch sollten Aspekte wie die Reorganisation von pflegerischen und ärztlichen Tätigkeiten im Haushalt nicht unberücksichtigt bleiben, meinen die IAT-Forscher. Funktionierende und rentable telemedizinische Produkte sollten Teil einer medizinisch, technisch und vor allem sozial geprägten Infrastruktur sein. Gerade vor diesem Hintergrund sei ein Mangel an verlässlichen und nachhaltigen Business-Modellen noch zu beklagen.
Link zur aktuellen Publikation zum Thema: 2010: Von Robotern und Nachbarn - Gestaltungsmöglichkeiten der Wohnumwelt älterer Menschen. Internet-Dokument. Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik. Forschung Aktuell, Nr. 05/2010 >>
Meldung von Claudia Braczko, 7.5.2010